AG Rassismus

Die AG Rassismus der Awareness Hochschulgruppe hat Flyer und Plakate erarbeitet. Diese wurden Anfang November in der Hochschule verteilt, um über Rassismus zu informieren, Menschen zum unbedingt notwendigen Nachdenken darüber anzuregen und wichtige Grundbegriffe zu klären.

Haltet also die Augen offen! :))

Falls ihr den Plakaten und Flyern nicht über den Weg lauft, findet ihr sie auch nochmal hier ganz unten auf der Seite zum Herunterladen. Im Folgenden findet ihr erweiterte Infos, die wir gerne mit euch teilen möchten, aber die auf den Flyern keinen Platz mehr finden konnten…


“Woher kommst du?
Nein, ich meine woher wirklich?“

„Wow, du siehst so
exotisch aus!“

“Dafür sprichst du
aber gut deutsch!”

“Sollen etwa die
deutschen Schüler
auf die Hauptschule
gehen?“

„Für mich sind
alle gleich! Ich sehe
keine Farbe”

Was ist Rassismus?
Rassismus ist eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet.

Es handelt sich hierbei um keine persönliche Einstellung, sondern beschreibt ein System, in welchem weiße Menschen privilegiert sind, während Schwarze Menschen, Indigene Menschen & People of Color (BIPoC) strukturell diskriminiert werden.

Privilegiert heißt, dass diese Menschen nicht systemisch benachteiligt werden (z.B. im Arbeits- & Wohnungsmarkt, von der Polizei,..)!

Es gibt zahlreiche Unterkategorien des Rassismus, die sich auf spezifische Menschengruppen beziehen.

Wo sehen wir Rassismus im Studium?
„Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben geringere Bildungschancen als Gleichaltrige. Sie besuchen seltener eine Kita, wechseln nach der Grundschule seltener auf ein Gymnasium und zeigen bei Kompetenzmessungen bereits im Elementarbereich und über die gesamte Schullaufbahn hinweg schlechtere Leistungen. Die qualitative Auswertung der Ergebnisse von 53 Studien zeigt, dass die Unterschiede in den Fachkompetenzen und bei Bildungsentscheidungen überwiegend, wenn auch nicht vollständig, mit der sozialen Herkunft erklärt werden können: Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien sind über ihre gesamte Bildungskarriere hinweg bis zum Schulabschluss durch ihren Migrationshintergrund, aber vor allem durch ihre soziale Herkunft benachteiligt.“
https://www.stiftung-mercator.de/content/uploads/2020/12/Expertise_Doppelt_benachteiligt.pdf (S.28)

Die meist fehlende oder mangelhaft existierende Schulbildung von den Eltern der BIPoC Kinder wirkt sich im
Gegensatz zu den Kindern, deren Eltern gute Bildung genießen durften, stark aus auf die Entwicklung in der Schule. Viele Kinder mit einem Migrationshintergrund weisen schlechte Noten in den Fächern Mathematik, Naturwissenschaften und Defizite im Lesen nach. Die soziale Herkunft spielt oft eine bedeutende Rolle dabei, wie gut die Kinder in der Schule abschneiden. Da viele migrantischen Familien sozioökonomisch eher niedrigere Ressourcen zur Verfügung haben, wirkt dies sich auch auf die schulischen Leistungen der Kinder aus. Chancengleichheit gilt in vielen Schulen leider nicht. Das schlechtere Abschneiden von BIPoCs im deutschen Bildungssystem hat sich zwar gebessert, ist aber dennoch weiterhin ein Problem. Die Nachteile, welche schon im Kindesalter beginnen, haben oft langfristige Folgen.
Mehr Informationen unter: https://www.stiftungmercator.de/content/uploads/2020/12/Expertise_Doppelt_benachteiligt.pdf

An vielen Hochschulen fehlen Anlaufstellen für Studierende welche Rassismus erlebt haben und erleben. Damit ist kein*e Diversitätsbeauftragte*r oder Gleichstellungsbeauftragte*r gemeint!
Jede Hochschule sollte Anlaufstellen haben, welche von qualifizierten Menschen, die sich mit diesen Themen auskennen und auch genug Wissen und Erfahrung haben, besetzt sind.
An sehr vielen Hochschulen und Universitäten ist sowas nicht zu finden.
https://taz.de/Rassismus-an-Hochschulen/!5735538/

An manchen Universitäten und Hochschulen in Deutschland kommen immer wieder Professor*innen oder Dozent*innen vor, welche sich rassistisch äußern.

Beispiele:

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/empoerung-ueber-leipziger-professor-das-ist-offene-rassistische-diskriminierung/20622722.html?ticket=ST-1197225-AT2wHHNctxBlZMrxg9d9-cas01.example.org

https://www.br.de/nachrichten/bayern/die-uni-bayreuth-und-ihr-dozent-von-der-afd,Sdn1gSK

Das sind wenige von vielen Beispielen, welche vor allem in den letzten Jahren auch auf Twitter etc. immer öfter auftreten.
Wenn sowas bei uns an der HfWU vorkommt:
Keine*r sollte Angst haben solche Fälle zu melden! Solche Fälle zu melden ist sehr wichtig, damit solche rassistischen Menschen die Konsequenzen zu spüren bekommen. Keine*r muss rassistische Äußerungen über sich ergehen lassen und sich gefallen lassen! Ihr seid nicht allein gegen diese Rassist*innen! Falls ihr Fälle mitbekommt, aber euch nicht traut, diese publik zu machen, könnt ihr euch gerne an die Awareness Hochschulgruppe wenden, wir sind gerne für euch da.
Wir stehen das zusammen durch und werden euch so gut wir können unterstützen.

Einige wichtige Begriffe, um über Rassismus zu sprechen:

Mikroaggressionen:
Sind ein subtiles Verhalten, das sich verbal oder nonverbal, bewusst oder unbewusst gegen Personen marginalisierter Gruppen richtet und eine abwertende Wirkung hat.
Oftmals resultieren sie aus unbewussten Vorurteilen.

Die Intention hinter ihnen ist meist nicht beleidigend gedacht & sind daher schwer zu bemerken. Dennoch werden sie alltäglich erfahren.
Es ist also wichtig zu verstehen: Intention < Auswirkung

Mikroaggressionen können verschieden auftreten:
Sie können offensichtliche Übergriffe sein, vermeintliche Komplimente, die das Gegenüber jedoch herabsetzen oder die Invalidierung der Erfahrungen von Betroffenen sein.

https://www.youtube.com/watch?v=emz49wSnNcs

“race” vs. “Rasse”:
Die Idee der „biologischen Menschenrassen” ist ein erfundenes soziales Konstrukt. Es versucht, pseudowissenschaftlich die Überlegenheit weißer Menschen gegenüber nicht-weißer Menschen zu begründen, um deren Ausbeutung & Unterdrückung zu rechtfertigen.
Der englische Begriff „race” beschreibt gezielter soziale Konstrukte innerhalb des strukturellen & institutionellen Rassismus & wird daher stattdessen im Diskurs verwendet.

weiße Menschen:
Das Wort „weiß“ beschreibt keine biologische Tatsache, sondern politische & soziale Konstrukte.
Benannt werden die verschiedenen Hintergründe, Sozialisationen & Lebensrealitäten.
Mit Weißsein ist die dominante & privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die sonst zumeist unbenannt bleibt.
Weiß kann auch eine Selbstbezeichnung sein, um die eigene Zugehörigkeit zu einer privilegierten Gruppe zu benennen.
„Der Begriff wird klein und häufig kursiv geschrieben, um seinen Charakter als Ideologie statt physischer Tatsache zu markieren.“
Mehr dazu findest du hier:

https://taz.de/Antirassistische-Sprache/!5702930/

Schwarze Menschen:
Schwarz ist eine politische Selbstbezeichnung. Sie wird häufig „von Menschen afrikanischer und afro-diasporischer Herkunft, Schwarzen Menschen, Menschen dunkler Hautfarbe und people of colo(u)r gewählt. Das großgeschriebene „S“ wird bewusst gesetzt, um eine sozio-politische Positionierung in einer mehrheitlich weiß dominierten Gesellschaftsordnung zu markieren und gilt als Symbol einer emanzipatorischen Widerständigkeitspraxis.“
Mehr dazu hier:

https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/schwarz

Color-Blindness/ Farbenblindheit:
„Ich sehe keine Hautfarbe“ – Color-Blindness beschreibt die scheinbar tolerante Einstellung, dass die Hauptfarbe einer Person keine Rolle spiele(n solle). Diese privilegierte, meist weiße Perspektive, widerspricht Lebensrealitäten von Schwarzen Menschen und People of Color, indem sie die gesellschaftliche Differenz zwischen weißen Menschen und BIPoC leugnet. Color-Blindness tritt häufig als Abwehrmechanismus auf, um eine Auseinandersetzung mit der eigenen Machtposition zu vermeiden.
Literaturtipp:

https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/29040/ssoar-psychges-2000-1-wachendorfer-wei-sein_-_keine_variable_in.pdf?sequence=1

White fragility/ weiße Fragilität:
Robin DiAngelo, Autorin des Buches “weiße Fragilität: Warum es für Weiße so schwer ist, über Rassismus zu sprechen”, erklärt in einem Interview die Bedeutung des Begriffs:
„Der Fragility-Aspekt fängt ein, wie schnell wir ablehnend darauf reagieren. Viele Weiße reagieren schon auf die Andeutung, dass Weißsein Bedeutung hat, mit extremer Ablehnung. (…) Wir Weiße sind es nicht gewohnt, mit unserem Rassismus konfrontiert zu werden. Also reagieren wir auf eine Art, die den rassistischen Status quo aufrechterhält. Denn unsere Ablehnung führt dazu, dass people of color aufhören, uns ihre rassistischen Erfahrungen mitzuteilen, weil sie befürchten, dafür angegriffen zu werden. Es kann sein, dass Weiße nicht absichtlich oder bewusst so ablehnend reagieren, aber das ist das Ergebnis.“
Interview hier:

https://www.zeit.de/campus/2018-08/rassismus-dekonstruktion-weisssein-privileg-robin-diangelo

White supremacy/ weiße Vorherrschaft:
Der Begriff wird genutzt, um die Kultur weißer Gesellschaften, wie beispielsweise Deutschland oder den USA zu beschreiben, in denen Weiße als die menschliche Norm und das menschliche Ideal angesehen werden. Nichtweiße werden in diesen Gesellschaften wiederum als Abweichung des Ideals betrachtet.

Todesopfer rechter Gewalt:
„Wo von der Bundesregierung lediglich 106 Tötungsdelikte als rechts motiviert gewertet werden, ergeben Recherchen der Amadeu Antonio Stiftung eine weitaus höhere Zahl: Mindestens 213 Todesopfer rechter Gewalt seit dem Wendejahr 1990 sowie 14 weitere Verdachtsfälle.“

Mehr dazu hier:

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/todesopfer-rechter-gewalt/

https://www.tagesspiegel.de/politik/interaktive-karte-todesopfer-rechter-gewalt-in-deutschland-seit-der-wiedervereinigung/23117414.html

https://katapult-magazin.de/media/pages/artikel/todesopfer-rechter-gewalt-1990-2020/7168ee2eb3-1626256013/rechte-gewalt.pdf

Kulturelle Aneignung:
Die Übernahme von Teilen (z.B. Frisuren, Kleidung,..) marginalisierter Kulturen aus einer dominanteren Position heraus, ohne den kulturellen Wert zu respektieren.
Z.B. wird eine weiße Person mit Dreadlocks als alternativ
wahrgenommen, wohingegen Schwarze Menschen hierfür diskriminiert werden.

Othering:
Das „Fremd-„ bzw. „Anders“machen von Menschen aufgrund abweichender Merkmale (z.B. der Hautfarbe)/ Menschen mittels Stereotypisierung zu „den Anderen“ machen.

Intersektionalität:
Die Überschneidung sowie Wechselwirkung und Gleichzeitigkeit verschiedener Diskriminierungskategorien.
Z.B. erfahren Schwarze Frauen Rassismus und Sexismus nicht nur getrennt voneinander.
Es gibt also vielschichtige Diskriminierungserfahrungen.

Racial Profiling:
Eine Methode der Polizei oder sonstiger Sicherheitsbeamt*innen, bei welcher die Menschen nur aufgrund ihres physiologischen Erscheinungsbildes (z.B. Hautfarbe) kontrolliert werden und gegen sie ermittelt wird.

Allyship:
Um ein*e Verbündete*r für BIPoC zu werden, kannst du…

… deine Privilegien als weiße Person erkennen
… diese nutzen, um aktiv zu werden & mit Freund*innen/
Familie über Rassismus zu sprechen
… Alltagsrassismus erkennen & intervenieren
… Betroffenen zuhören & sie ernst nehmen
… dich stetig mithilfe Literatur/Workshops/.. weiterbilden
… BIPoC Gruppen/Vereine/.. unterstützen oder fördern


Weiterbildungsempfehlungen:

Podcasts:
Kanackische Welle
https://www.ardaudiothek.de/sendung/kanackische-welle/89389080/

190220 – Ein Jahr nach Hanau
https://open.spotify.com/show/0Z2UJwgGfDnxrIhJpefINW?si=5a078deafa514d2f

Dlf Podcast: Sprache dekolonisieren
https://www.deutschlandfunk.de/sprache-dekolonisieren-in-rassistischen-woertern-steckt.911.de.html?dram:article_id=482811

Bücher
EXIT RACISM (Tupoka Ogette)
Deutschland Schwarz Weiß (Noah Sow)
Gefangen in der Gesellschaft – Alltagsrassismus in Deutschland (Dileta Sequeira)
Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten (Alice Hasters)
Rassismuskritik und Widerstandsformen (Karim Fareidooni und Meral El)

Personen
Mohamed Amjahid (Journalist und Autor)
Max Czollek (Publizist, Lyriker und Coach)
Natasha A. Kelly (Kommunikationswissenschaftlerin, Politikerin und Autorin)
Dileta Sequeira (Psychologin, Therapeutin und Coach für Rassismuskritisches Denken und Handeln)
Stephanie Cuff-Schöttle (Psychologin und systemische Therapeutin)
Malcom Ohanwe (Journalist, Fernsehmoderator und Übersetzer)
Tupoka Ogette (Antirassismus-Trainerin, Bürgerrechtlerin und Autorin)

Onlinepublikationen:
Akademische Tabus. Zur Verhandlung von Rassismus in Universität und Studium, Karima Popal:
https://movements-journal.org/issues/03.rassismus/15.popal–verhandlungsweisen.von.rassismus.erfahrungen.im.rahmen.von.universitaet.und.studium.html

Bundeszentrale für politische Bildung: Dossier afrikanische Diaspora
https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/afrikanische-diaspora/

Kolonialismus und Klimakrise. Über 500 Jahre Widerstand
https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus-und-Klimakrise-Ueber-500-Jahre-Widerstand-11.pdf

Rassismus macht psychisch krank. Gesundheitsversorgung darf Betroffene nicht länger alleine lassen.
https://neuedeutsche.org/de/artikel/rassismus-macht-psychisch-krank-gesundheitsversorgung-darf-betroffene-nicht-laenger-alleine-lassen/

Rassismus und psychische Gesundheit in Deutschland
https://rassismusbericht.de/wp-content/uploads/Rassismus-und-psychische-Gesundheit.pdf

Sprache.Macht.Rassismus
https://www.ida-nrw.de/fileadmin/user_upload/ueberblick/Ueberblick022019_3.pdf

Instagram Accounts:
@erklaermirmal
@unterricht.ohne.ismen
@bildung_macht_rassismus
@netzwerk_sensible_therapie

Weiteres:
Bundesfachnetz Gesundheit und Rassismus
https://www.gesundheit-und-rassismus.de/
Phoenix e.V.: Antirassismus und Empowerment-Trainings
https://www.phoenix-ev.org/
YouTube: Enissa Amani presents die beste Instanz (Grimme Online Award 2021) https://www.youtube.com/watch?v=r45_9wvbDoA